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Nora Bossong wird neue Metropolenschreiberin der Brost-Stiftung

Am 1. Mai 2023 zieht die Schriftstellerin Nora Bossong in die Mülheimer Metropolenschreiber*in-Residenz ein. Im Auftrag der Brost-Stiftung wird sie für die nächsten acht Monate das Ruhrgebiet erkunden und nach ihrer Amtszeit darüber ein literarisches Werk veröffentlichen.


Die 1982 in Bremen geborene Bossong studierte in Leipzig am Deutschen Literaturinstitut und an der Humboldt-Universität in Berlin Philosophie und Komparatistik. Nach Stationen in Italien und Frankreich hat sie ihren Lebensmittelpunkt inzwischen in Berlin.

Mit ganz unterschiedlichen Genres, vom Gedicht über den Roman bis hin zum Essay und Sachbuch, blickt sie auf Gegenwart und Geschichte, auf politische Seilschaften und persönliche Verflechtungen, Erschütterungen und Sehnsüchte im Nahbereich der Privaten ebenso wie auf dem weltpolitischen Parkett. Nora Bossong wurde für ihre literarischen Werke bereits mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 2020 erhielt sie sowohl den Thomas-Mann-Preis als auch den renommierten Joseph-Breitbach-Preis.

„Das Ruhrgebiet ist eine Region, die ich sehr mag. Ich freue mich auf meine Zeit hier und bin glücklich, diese Möglichkeit zu bekommen“, sagt Nora Bossong kurz vor ihrem Antritt als Metropolenschreiberin Ruhr. Vom 1. Mai 2023 bis zum Ende des Jahres ist Nora Bossong im Auftrag der Brost-Stiftung tätig. In ihrem Roman „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (Hanser 2012) hat sie sich bereits einmal dem Ruhrgebiet angenähert und das Porträt einer Essener Industriellenfamilie über mehrere Generationen gezeichnet.

„Ich möchte mich im Voraus noch nicht auf eine Form festlegen. Ich möchte gerne ganz offen in diese Zeit gehen, mich inspirieren lassen und dann schauen, was sich daraus machen lässt und welcher literarische Zugang passt.“, so die Idee von Nora Bossong. Für ihre nun beginnende Zeit im Mülheim und die neuerliche Erkundung des Ruhrgebiets kann sie sich verschiedene Formen vorstellen. Ob Podcast oder Gedicht, vielleicht auch Reportage – im Zentrum steht der Wunsch, der Region durch alltägliche Beobachtungen und historische Spurensuche auf den Grund zu gehen: „Es ist nicht mein erster Besuch im Ruhrgebiet. Ich habe hier schon viel Zeit verbracht, einiges kennengelernt und auch Kontakte geknüpft. Daher freue ich mich umso mehr auf die Zeit als Metropolenschreiberin und habe bereits erste Ideen, womit ich mich gerne beschäftigen möchte. Dazu gehören unter anderem das Mülheimer „Theater an der Ruhr“ sowie die historische Forschung hinsichtlich der Ruhrbesetzung vor 100 Jahren“, beschreibt Nora Bossong ihr Vorhaben.

Prof. Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung freut sich sehr auf die Schriftstellerin: „Die neue Metropolenschreiberin der Brost-Stiftung ab dem 1. Mai bis zum Ende des Jahres ist Nora Bossong. Ein Volltreffer, wie ich finde. Das sage ich gern in vorauseilender Freude. Sie schreibt Romane und Gedichte, die ihre Leser finden. Die Erfolgsstrecke angesehener Preise und Auszeichnungen ist lang. Sie ist aktiv und eng mit der Literaturszene in Deutschland verbunden. Zudem engagiert sie sich an wichtigen Schaltstellen der Zivilgesellschaft, vom PEN-Zentrum bis zum Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Eine Jury bescheinigte ihren Romanen „genaue Metier-Kenntnis“. Sie entwickle Psychogramme von Menschen, „die als Individuen unsere Anteilnahme gewinnen, als prototypische Leistungsträger den Schrecken vermehren“. Bossong sei „eine Poetin, die ihre eminenten Möglichkeiten zur Versprachlichung von Welt als Verpflichtung nimmt, sich den großen Themen zu stellen“. Hochgradig

politisch, ohne zu moralisieren, widme sie sich den Irrungen und Wirrungen eines eurozentrischen Jahrhunderts, das inneren und äußeren Fliehkräften ausgesetzt ist.

In Bremen und Hamburg aufgewachsen und heute wohnhaft in Berlin, wird sie die Metropole Ruhr nicht schrecken. Im Gegenteil. Wir dürfen gespannt sein, wie und ob das multiplexe Dasein in den Weltstädten unseres Landes hiesiges Fremdeln vermindert. Auf jeden Fall werden wir – und das ist ja das Konzept des Projektes – unsere Region durch die Brille und das Temperament einer Externen erleben und erlernen.

Kennt nicht der Fremde uns manchmal besser als wir uns selbst? Der Blick von außen führt bekanntlich tiefer ins Innere. – Und der weibliche Blick sowieso.

Ihr Studium schloss sie mit einer Magisterarbeit über den Filmregisseur David Lynch ab. Titel: „Die Inszenierung des Bösen“. Ich nehme nicht an, dass sie das für ihre Begegnung mit dem Ruhrgebiet besonders talentiert.

Liebe Frau Bossong, herzlich willkommen!“